Zuletzt berichteten wir über einen besonders scheußlichen Fall von Betrug per Telefon und per Post. Ein Ganovenverein - die Euro Inkasso Solutions s.r.o. aus Petersberg bei Fulda - setzt seit Jahren harmlose Bürger mit fingierten Telefonrechnungen, Mahnungen und Drohungen unter Druck. Der Vorwurf: Diverse Anrufe bei obskuren Nummern wie beispielsweise Sex-Hotlines, die angeblich mit unglaublichen 90 Euro pro Gespräch zu Buche schlagen. In Folge dessen zahlen viele Betroffene, peinlich berührt, den viel zu hohen Betrag, ohne je von dieser "Telefon-Gesellschaft" gehört zu haben. Greifen nur etwa zehn Prozent aller Opfer zum Scheckbuch, geht für die Gauner die Rechnung schon auf. Ängstlich weicht so mancher vor dieser Flut an immenser krimineller Energie zurück.
Nachfrage beim eigenen Internet-Provider entlarvt die Euro Inkasso Solutions s.r.o. sehr schnell. So zuckt die 1&1 Internet AG bei dem Namen dieser "Firma" nur mit den Schultern. Diese Forderung enthält weder eine korrekte Rechnungsnummer, noch liegen die Beträge in realistischer Höhe. Ferner klären entsprechende Foren und Blogs den Betrogenen im Netz auf. Auch ein Besuch bei den örtlichen Verbraucherzentralen empfiehlt sich. Wie soll sich der Kunde aber verhalten? Wie schon gesagt, gibt es da nur eines: Nicht reagieren, nicht zahlen!
Die Spur führt nach Fulda
Mittlerweile deckten Ermittler und Medien die wahre Identität dieser Firma aus Petersberg auf: Als Zentrum des Bösen erwies sich eine Klitsche in Fulda, welche ihren Namen gern wechselt: Einmal heißt sie MC Multimedia, dann wieder TRC Telemedia. Die Adresse: Pozzistraße 33, 36039 Fulda. Dort hausen die eigentlichen mutmaßlichen Drahtzieher: Anton und Angelika Hauer, sowie eine gewisse Martina John. Ein Fernsehteam der Wirtschafts-Sendung BIZZ (damals im Programm von ProSieben) machte sich bereits im Jahr 2006 ans Werk, recherchierte nach den Initiatoren dieses enormen Betrugs. Ihr Weg führte sie nach Fulda, zur Firma MC Multimedia.
Dort angekommen, erwartete die Reporter die nächste Überraschung: Unter der genannten Anschrift residierte kein Firmengebäude, sondern ein stinknormales Einfamilienhaus. Als die Presseleute schellten, öffnete eine merkwürdige Frau, deren Konterfei im Video aus rechtlichen Gründen unkenntlich gemacht wurde (sowas ist ja manchmal auch von Vorteil!). Ein Gespräch ergab sich nicht; die Tante schlug die billige Holztür gleich wieder zu. Doch die Journalisten ließen sich nicht so leicht ins Bockshorn jagen und klingelten ein weiteres Mal. Diesmal erschien ein aggressiver, babbelnder Muskelprotz, der die Kamera zerstörte und dem Moderator zugleich Prügel androhte, was er nach einer kurzen Pause auch in die Tat umsetzte. Für alle unter: https://www.youtube.com/watch?v=jOCCW7gkvzA erreichbar. Damit fiel die erste Klappe.
Mein Name ist Hase
Tatortwechsel. In München residiert deren Helferfirma - die Allinkasso GmbH Inkassobüro mit der polizeibekannten Geschäftsführerin Michaela Hilg. Ihre Aufgabe: gezielter Druck auf harmlose Opfer; ihre Anschrift: Oberföhringer Straße 93, 81925 München, Fon: 0 89 / 95 72 20 10. Auch diese Kaschemme erhielt 2006 einen Besuch von der Presse; hier sah SPIEGEL-TV nach dem Rechten. Es öffnete ein gewisser Lucien Steffes - ein älterer Mitarbeiter -, der angeblich von nichts wusste ("Mein Name ist Hase"). Eigentlich wollte dieser Herr die Journalisten gleich wieder abwimmeln, doch diese versuchten, diesen Typen in ein Gespräch zu verwickeln. Worauf der nette Herr Steffes irgendwas von "Mahnbescheid, der dann vom Anwalt käme" schwafelte. Für alle unter: https://www.youtube.com/watch?v=nHppxzP_hnc erreichbar. Ansonsten auch hier: "außer Spesen nichts gewesen".
Bleibt zu hoffen, dass diese Reportagen und etliche Adressen im Netz helfen, diesen
Telefon-Gangstern endlich das wohlverdiente Handwerk zu legen. Damit sie endlich bekommen, was sie
verdienen: nämlich mehrjähriger Zwangsurlaub im "Café Viereck". Leider
sind diese Individuen schwer zu fassen, sonst liefe ihr Betrugsgeschäft nicht schon viele
Jahre äußerst erfolgreich.
Vielleicht nützen folgende, weitere Tipps: Wer von einer unbekannten Nummer auf dem Display
angerufen wird, sollte auf gar keinen Fall abnehmen oder gar rückrufen. Denn diesen (noch)
lockeren Kontakt nehmen solche Abzocker-Firmen als Basis für weitere unerwünschte
Kontakte und versuchen schlussendlich, einen Arbeitsauftrag oder ähnliches nachzuweisen.
Ebenso empfiehlt es sich, den örtlichen Verbraucherschutz und gegebenenfalls auch einen
Anwalt zu konsultieren. (Hierzu existieren im Internet spezielle Anwalt-Hotlines. Am besten
einfach mal googeln.) Auch eine Strafanzeige bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft Fulda
kann nicht schaden. Und noch eines: Reagieren sollte der belästigte "Kunde" erst,
falls vom Gericht ein Mahnbescheid kommt. Dann gilt es sofort, Widerspruch einzulegen. Aber
unseres Wissens wagten diese "Firmen" noch nie den Gang zum Kadi. Warum wohl?
Joachim Eiding
Quellen: www.verbraucherschutzverein.org - www.allinkasso.de - antiabzockenet.blogspot.de - Verbraucherzentrale München - www.recht-hilfreich - www.justanswer.de - www.vzhh.de - www.verbraucherzentrale-bayern.de - www.youtube.com
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