Es begann im Jahr 1965 am Strand des kalifornischen Venice Beach - nein, eigentlich ein suboptimaler Start einer Geschichte. Aber trotzdem richtig. Denn exakt zu diesem Zeitpunkt traf der 1939 in Chicago gebürtige Keyboard-Virtuose und Klangzauberer Ray Manzarek - Spross einer polnischstämmigen Einwandererfamilie - seinerseits auf einen ebenso begabten und eigenwilligen Künstler, der sein Leben bald gehörig umkrempeln sollte: Jim Morrison. Beide studierten an der University of California, Los Angeles (UCLA) Filmkunst, schlossen schnell Freundschaft. Kurz später fiel die Entscheidung, eine eigene Band aus der Taufe zu heben. Zwar fehlten für die restlichen Instrumente zunächst noch weitere Musiker. Jedoch lernten Manzarek und Morrison recht bald den Gitarristen Robby Krieger und den Drummer John Densmore kennen, die das aktive Duo zum später weltberühmten Quartett "The Doors" ergänzten.
Nach nur zwei Jahren mischten sie bereits die heimische Rock-Szene auf, katapultierten sich dank der exaltierten Show von Frontmann Jim Morrison an die Spitze der US-Charts. In ihren oft improvisierten Bluesstücken wollten sie (zumindest textlich) "zum Mond schwimmen", ans "Ende der Welt" eilen und "zur anderen Seite durchbrechen". Auch ihre Alben wie "The Doors" (1967), "The Soft Parade" (1969) und "L.A. Woman" (1971) erwiesen sich als echte Meilensteine der Rock-Musik. Wobei besonders der Psychedelic-Song "Light My Fire" (1967) und das jazz-orientierte, düstere "Riders On The Storm" (1971) vielen in Erinnerung blieben. Übrigens ersetzte die Band den fehlenden Bass durch das dunkle Keyboard-Spiel von Ray Manzarek.
Dunkle Wolken in Paris
Doch am 3. Juli des Jahres 1971 verfinsterte sich für die Doors der Himmel: An jenem Tag starb Jim Morrison, unter bis heute nicht ganz geklärten Umständen, in einem Hotel in Paris. Verbissen machte das restliche Trio noch mit zwei Alben bis 1973 weiter, aber ohne ihre Ikone verblassten die "Türen". Fortan wog ihr Vinyl so viel wie eine Fuhre Blei; nichts ging mehr. Für Ray Manzarek, um Erfolg bemüht, das Signal zum Start einer Solo-Karriere, die allerdings ebenso schnell verebbte. Weder seine Langrille "The Golden Scarab" (1974), noch die elektronische Adaption der "Carmina Burana" (Carl Orff) von 1983 zündeten so recht.
Grund genug, so der Keyboarder, um im Jahr 2002 mit seinem Ex-Kollegen Robby Krieger eine neue Version der Doors zu etablieren: "The Doors of the 21st Century". Allerdings machten sie die Rechnung ohne den Wirt, will sagen: ohne ihren früheren Drummer John Densmore, der per Gericht sein Veto einlegte und obendrein Recht bekam. Ergo folgten neue Bandnamen; bald darauf hießen sie "Riders on the Storm", schließlich dann "Ray Manzarek and Robby Krieger of the Doors" oder einfach nur "Manzarek-Krieger". Am 3. Juli 2011 - pünktlich zum 40. Todestag von Jim Morrison - starteten die beiden in Paris, diesmal als "Ray and Robby of the Doors", erneut eine umfassende Welttournee. Auch für 2012 sind Konzerte geplant.
Dionyscher Wahnsinn und apollinische Ordnung
"Wir waren nicht einfach ein paar Hippies, die herumgenudelt haben. Unsere Songs sind gut komponierte Musikstücke, und sie sind absolut wild und verrückt. Die Doors repräsentieren Freiheit", erklärt der bekennende Nietzsche-Fan Manzarek den Erfolg seiner Band. Klar existierte eine Spannung zwischen Morrison und dem Rest der Gruppe. Gerade dies schien die vier Musiker zusammen zu kitten. "Es war der dionyscheWahnsinn von Jim Morrison und die apollinische Ordnung der Bandmitglieder. Der Künstler muss die Vermählung des Dionyschen und des Apollinischen vollziehen. Genau das haben die Doors getan", unterstreicht der Organist. Erst der Verlust dieser schwierigen Balance und Jims Tod besiegelten das Ende der Band.
Wehmütig beklagt er, junge Menschen erschienen heutzutage wesentlich unkritischer als damals. Ob allerdings der von ihm empfohlene Genuss von Marihuana und LSD ihnen zu mehr Durchblick verhilft, sei dahingestellt. Jedenfalls vermisst er Spaß und Freude am Leben, den sie in den späten 60ern hatten. So beklagte Ray im Sommer 1997 auf einer Pressekonferenz: "Die Gegenwart ist doch entsetzlich. Wir leben in genau dem zynischen Albtraum, vor dem wir in den Sechzigern immer gewarnt hatten."
Joachim Eiding
Quellen: www.stern.de - www.faz.net - www.rayandrobby.com - www.thephoenix.com - www.roots-the-doors.tripod.com - Das neue Rock-Lexikon, Barry Graves, Siegfried Schmidt-Joos und Bernward Halbscheffel, Rowohlt, 1999 - Rock Dreams, Guy Peellaert, Schünemann München, 1973
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