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Billy Joel

Billy JoelFoto: playhousesquare.com

Zu Beginn gleich mal eine Quizfrage: Wessen Großeltern besaßen in Nürnberg einst ein Warenhaus, das vorwiegend vom Wäscheversand lebte? Die richtige Antwort: Billy Joel. Zwar betrat der Pianist am 9. Mai 1949 diese Welt als William Martin Joel in der New Yorker Bronx, leugnet aber seine Wurzeln nicht: "Ich frage mich, warum ich nur deutsche Komponisten liebe. Es existiert da wohl etwas in der deutschen Seele, das sich nur durch Musik ausdrücken lässt." Trotzdem sieht sich Billy als waschechter Ami, der allerdings durchaus bayerische Spezialitäten wie Leberknödel und Weißwurst schätzt.

Beethoven und Boogie-Woogie

Schon früh - im Alter von vier - entdeckte Billy die Liebe zur Musik, klimperte erstmals auf einem Klavier, lauschte gespannt dem Sound. Später stürzte sich der kleine Pianist mit den typischen Kulleraugen statt auf Rock'n'Roll lieber auf Mozert und Beethoven. Bis heute hält sich hartnäckig das Gerücht, sein Vater - selbst Musiker - habe dem jungen Billy eine Ohrfeige verpasst, weil dieser eine Beethoven-Sonate im Boogie-Woogie-Rhythmus spielte. Und mit der Schule haderte er, trug dort die rote Laterne. "Wenn es nicht für die Columbia University reicht, dann gehe ich eben zu Columbia Records", brüllte er seinen Lehrern entgegen.

Sein Weg zum klassischen Pianisten schien vorgezeichnet, bis William Martin eines Abends am 9. Februar 1964 die "Fab Four" in der berühmten Ed-Sullivan-Show im Fernsehen sah. Die Beatles, kurz darauf in den Staaten auf einen Schlag bekannt wie ein bunter Hund, erschütterten den kleinen New Yorker bis ins Mark. "Da waren diese Jungs, sie schrieben ihre eigenen Songs und sahen aus wie die Kids aus der Nachbarschaft", erinnert sich Billy Joel. Da kannte er nur noch ein Ziel: In einer Rock'n'Roll-Band zu spielen und so berühmt zu werden wie John, Paul, George und Ringo.

Billy JoelFoto: wrendom.com

Piano Man Bill

Nach jahrelanger harter Arbeit ergatterte er 1971 seinen ersten Plattenvertrag, nahm das Album "Cold Spring Harbor" auf. Doch das Werk floppte, und das Label zog ihn finanziell übern Tisch. Enttäuscht tauchte er als Barpianist unter. Dieser Zeit der Depression widmete er später seinen Million-Seller "Piano Man". Unterstützt von einem Radiosender schaffte Joel dann endlich den erhofften Sprung zu Columbia Records und startete seine einzigartige Karriere als Sänger und Songwriter. Alben wie "Piano Man" (1973), "Turnstiles" (1976), "The Stranger" (1977), "52nd Street" (1978) bis "River Of Dreams" (1993) stehen für seinen beispiellosen Weg durch die Musikgeschichte.

Die Kritiker überschlugen sich mit Lob, bescheinigten ihm "Originalität, Bissigkeit, Entschlossenheit und eine poetische Stärke, die von seinen Zeitgenossen kaum erreicht wird" ("Melody Maker"). Seine Single-Platten, beispielsweise "Just The Way You Are", "My Life", Honesty", "It's Still Rock'n'Roll To Me", "Tell Her About It" und "Leningrad", stürmten regelmäßig die Charts, wobei der Stil des Musikers stark an den Sound des Elton John erinnerte. Bis Billy 1993 kein Lied mehr schreiben wollte; die Welttourneen gingen ihm zunehmend an die Substanz. Zwar folgten noch einige Konzerte, aber im Sommer 1998 sagte er alle weiteren Auftritte ab: "Mein Körper funktioniert nicht mehr so wie früher, und mit 49 singe ich Stücke, die ich mit 20 oder 30 geschrieben habe. Es ist an der Zeit, etwas anderes zu tun und meinen Platz Jüngeren zu überlassen". Fortan wurde es still um den bekannten Musiker.

Nazi Neckermann

Erst 2006 ging Billy Joel wieder auf große Tour; er gastierte auch in Hamburg und Frankfurt am Main. Ein Jahr später erschien mit "All My Life" sogar wieder eine neue Single, und er startete auch eine Amerika-Tournee. Als Gäste mit dabei seine Kollegen Paul McCartney und Steven Tyler. Worauf es Billy Joel in diesen Tagen ankommt: sich seiner Vergangenheit zu stellen. Sein Großvater - da schließt sich der Kreis - musste 1938 als Jude aus Nürnberg fliehen. Sein Warenhaus "übernahm" ein gewisser Herr Neckermann - ein eingefleischter Nazi. Woraus das spätere Neckermann-Imperium entstand. Karl Amson Joel emigrierte nach Amerika, landete erst in Kuba und siedelte in New York an. Wo schließlich 1949 sein Enkel William, genannt Billy, zur Welt kam.

"Ich trage den Neckermann-Enkeln nichts nach. Es war nicht ihre Schuld", resümiert Joel heute. Allerdings brachte das Treffen mit ihnen kaum etwas. Bis zum letzten verteidigten sie ihren Großvater Josef Neckermann, verstiegen sich gar zur These, dieser habe nur Gutes getan. Doch der Musiker Billy Joel steht - so scheint es - abgeklärt über den Dingen, auch über den Religionen. Eigentlich der jüdischen Kultur zugehörig, engagierte er sich da nie sonderlich. Seine Mutter sorgte in seiner Kindheit sogar dafür, dass er protestantisch getauft wurde. Doch der Pianist und Künstler blieb ein Freigeist.

Joachim Eiding

Quellen: billyjoel.com - welt.de - laut.de - poplexikon.com - bunte.de - br-online.de - rockhall.com - amazon.de - Das neue Rock-Lexikon, Barry Graves, Siegfried Schmidt-Joos und Bernhard Halbscheffel, Rowohlt

 

music4ever.de - Was macht eigentlich ... - Nr. 37 - 10/09