was gibt's Neues in der Jukebox? Zwei Titel der letzten Runde wurden musikalisch kalt erwischt: Johnny Cash - "The Man comes around" und leider auch Marianne Faithfull - "It's all over, Baby Blue". Dafür begrüßen wir die Beatles und auch Fredl Fesl, die aus dem Nichts heraus an die Spitze des Feldes sprangen. Hat man auch nicht alle Tage. Leider stürzte der Chanson-Sänger Georges Moustaki auf Rang 10 herunter. Kann sich aber nächstes Mal schon wieder ändern. Immerhin melden sich die Songs der Sechziger eindrucksvoll zurück.
Wie sieht es auf den Rängen 11 und 12 aus? Auf Rang 11, wieder mal zweifach besetzt, stehen die Werke von Marianne Faithfull und Roberta Flack. Damit kamen unsere Neuvorstellungen der letzten Runde nicht ganz so gut an wie sonst.
Auch dieses Mal haben wir für Euch ein buntes Potpourri sechs neuer Songs vorbereitet, die sich Hoffnung machen, es in unsere Top Ten zu schaffen. Und diese wären:
Den Auftakt wagen die britischen Glam-Kultstars "The Sweet" mit ihrem Single-Hit "Poppa Joe" von 1972. Damals noch im feinen, originellen Calypso-Sound, garniert mit Steel-Drums, zischte der griffige, fröhliche Song an die Spitzen der europäischen Charts: Mussten sich die Herren Conolly, Scott, Priest und Tucker in ihrer Heimat mit Rang 11 begnügen, bescherten ihnen die Schweiz und Deutschland die Plätze zwei und drei. Die Songwriter, das Gespann Chinn und Chapman, schrieb ihnen bis 1974 eine beachtliche Anzahl von Popcorn-Stampfern, welche beim jüngeren Publikum bestens ankam. Denkt nur an "Co-Co" (1971), "Little Willy" (1972), "Ballroom Blitz" (1973) und "Teenage Rampage" (1974). Irgendwann wollten die vier Herren, mittlerweile gereift, das musikalische Szepter selbst in die Hand nehmen, was ihnen mit härteren Klängen wie "Fox on the Run" und "Action" (beide 1975) sowie "Lost Angels" (1976) auch gelang. Bis die Band gegen 1981 auseinanderbrach, aber das ist eine andere Geschichte. Trotz allem bewiesen die Musiker, auch was vom Songwriting zu verstehen, wenn sie auch viele Jahre das Gerücht begleitete, "mehr Zeit fürs Make-up zu verwenden, als fürs Einstimmen ihrer Instrumente". Wenn schon, so waren sie eben - die Siebziger mit ihrem legendären Glam-Sound. Lasst uns die nächste Neuvorstellung auf folgende Weise vorstellen: Im Sommer 1965 suchte ein TV-Sender in den USA "vier irre Jungs, Alter 17 bis 21, die Mut zur Arbeit haben". Aus den 437 Anmeldungen fischten die TV-Bosse vier Auserwählte heraus: Pädagogik-Student Peter Tork, Folksänger und Ex-GI Mike Nesmith, sowie Ex-Kinderstar Micky Dolenz und den Ex-Musical-Star Davy Jones aus England. Ziel der Aktion: Ein US-Fernsehfilm sollte die Abenteuer einer vierköpfigen, unbekannten und langhaarigen Beat-Gruppe nach Vorbild des Beatles-Streifens "A Hard Day's Night" darstellen. Es gab nur ein Problem: Da die musikalischen Fähigkeiten der vier Kandidaten allenfalls für den Hausgebrauch reichten, aber in jedem Falle ein Soundtrack geplant war, sollte ein dreimonatiges hartes Musiktraining im Studio das neue Quartett plattentauglich machen. Wie wir heute wissen mit großem Erfolg. Ihre ersten Kurzrillen "Last Train to Clarksville" und "I'm a Believer" (beide von 1966) eroberten - natürlich reichlich gepusht - in den Staaten jeweils die Pole Position, "I'm a Believer" führte dann sogar die britischen Charts an. Bei uns hört ihr ihren Superhit "Daydream Believer" aus der Feder eines gewissen John Stewart, welcher früher einmal Teil des Kingston Trio's war. Im Jahr 1967 begann eine regelrechte "Monkee-Mania"; die Fans gaben Unsummen für Monkee-Gitarren, Monkee-Comics, Monkee-Pullover und ähnliches aus. Der Hype um die Vier schien keine Grenzen zu kennen: so trat bei einem Konzert der Band sogar kein Geringerer als Jimi Hendrix im Vorprogramm auf! Das Erstaunlichste war jedoch: obwohl bekannt war, dass ihnen im Studio dann und wann Profi-Musiker zur Hand gingen, bewiesen die Vier soviel Humor und machten sich darüber lustig. In ihrer eigenen TV-Serie trieben sie es sogar auf die Spitze. Und genau das kam bei den Leuten gut an. Als Peter Tork 1969 die Gruppe verließ, trennten sie sich - vorläufig. Als Solo-Interpret konnte allerdings nur Nesmith - der Herr mit der Pudelmütze - glänzen. Während Spaßvogel Micky Dolenz später in Hollywood als Regisseur seine Brötchen verdiente. Dazu gibt es noch ein sympathisches, buntes Filmchen zum Song. Genießt es!
Auf zum nächsten Beitrag: Zum 11. November um genau 11.11 Uhr beginnt nach altem Brauch hierzulande der Fasching - oder auch der Karneval, also die "fünfte" Jahreszeit, mit ihrem bunten Treiben. Und welche Band eignet sich dazu besser als die berühmten Bläck Fööss aus der Rheinmetropole Köln? Seit den Sechzigern spielten die Mitglieder dieser Kölner Traditionsband unter den Namen "Stowaways", "The Beat Stones" und "Sandwich" englische Pop-Songs ein und standen teils im Vorprogramm von The Who, den Beach Boys und auch den Lords. Bis der englische Sänger Graham Bonney ihnen vorschlug, mal ein Lied in Kölsch aufzunehmen. Erst zögerten sie etwas, weil sie um ihren damals guten Ruf als Beat-Band fürchteten. Dann entstand die Idee, unter dem neuen Pseudonym "De Bläck Fööss", was hochdeutsch so viel wie "nackte Füße" bedeutete", aber doch noch englisch klang, eine Platte rauszubringen. Zwar verkaufte sich ihr "Rievkooche-Walzer" noch sehr schleppend. Erst ein Wechsel des Labels brachte mit diesen kölschen Songs den Durchbruch: Mit "Drink doch eine mit" von 1972 konnten sie das Publikum begeistern und mit "Mer losse d'r Dom in Kölle" gelang der Gruppe ein Jahr darauf eine der Hymnen des kölschen Karnevals. Dabei wies die Truppe ein beachtliches Repertoire auf: von Schlager über Pop bis zu Jazz, Blues, Rock & Roll, Disco, Funk und Reggae. Als ihr größter Erfolg erwies sich anno 1985 der Disco-Titel "Frankreich, Frankreich" mit ihren unbezahlbaren Stereotypen - heute wohl kaum mehr möglich. Etwas ähnliches bieten wir Euch mit "Et Spanien Leed" von 1977. Eigentlich war der Song schon für die Januar-Ausgabe geplant, doch aus aktuellen Anlass hatten wir das Lied dann auf später verschoben. Viel Spaß beim Karneval! Ja, 1968 war ein vielfältiges Jahr: Barry Ryan's Meisterwerk "Eloise" ging um die Welt, und der Psychedelic-Sound lieferte mit "In-A-Gadda-Da-Vida" seine absolute Rock-Hymne. Zufällig im Studio entstanden, nahm das offene Mikro diese lange Sequenz auf, welche ohne einen zweiten Take praktisch direkt auf Vinyl gepresst wurde. Das 17-minütige Stück füllte komplett die zweite Seite des gleichnamigen Albums aus. Leider fiel die ausgekoppelte Single mit knapp drei Minuten doch etwas kurz aus. Trotz allem schrieb die Gruppe "Iron Butterfly" mit dieser Langrille eindeutig Musikgeschichte und verkaufte 30 Millionen Exemplare. Damit entpuppte es sich als das erfolgreichste Album des Psychedelic-Rocks. In den Staaten verweilte das Werk ganze 140 Wochen in den Billboard-Charts und erreichte Platz 4; hierzulande schaffte es immerhin Rang 11 und blieb weit über ein Jahr. Im Mai dieses Jahres verstarb der Sänger Doug Ingle mit seiner charismatischen Stimme. Übrigens gilt "In-A-Gadda-Da-Vida" als das erste Album, welches jemals Platin-Status ergatterte. Allerdings schaffte es die Rock-Formation nie, diesen Erfolg zu wiederholen. Nach und nach verließen die Musiker die mittlerweile erfolglose Truppe, auch Comeback-Versuche fruchteten leider nicht. Übrigens hält sich die Legende bis heute, der Rocktitel stehe eigentlich für "In the Garden of Eden", doch aufgrund eines Kommunikationsproblems wurde daraus eben "In-A-Gadda-Da-Vida".
Am 28. September 2024 starb der Sänger, Songwriter und Schauspieler Kris Kristofferson, der als Enkel schwedischer Einwanderer mit "Me and Bobby McGee" (1969), "Help me make it through the Night" und "Sunday Mornin' comin' down" (beide 1970) als Autor wichtiger Country-Songs berühmt wurde. Oft lieferten andere Interpreten wie beispielsweise Janis Joplin und Johnny Cash die bekannteren Versionen seiner Lieder. Gleichwohl galt Kristofferson als Schöpfer so wichtiger Textzeilen wie "Freedom's just another Word for nothing left to lose" ("Me and bobby McGee"). Als Sänger gelang ihm mit "Loving her was easier" (1971), "Josie" (1972), "Why me" (1973) und "Watch closely now" (1977) sogar der Sprung in die US-Charts. Im Jahr 1973 heiratete er die Sängerin Rita Coolidge; gemeinsam gaben sie die Kurzrillen "A Song I'd like to sing", "Loving Arms" (beide 1973), "Rain" (1974) und "Lover please" (1975) heraus. Doch 1979 scheiterte ihre Ehe, was dem Sänger "bis ins Mark" traf, wie seine Langrille "To The Bone" (1981) verriet. Als sein Verdienst bleibt in Erinnerung, die eher konservative Country-Musik auf ein höheres, kritisches Level gehoben zu haben. Wie wir alle wissen, verdiente er sich auch als Schauspieler viel Lob. Vor allem als kämpferischer Fernfahrer Rubber Duck im Streifen "Convoy" (1978), der in Sheriff Wallace (gespielt von Ernest Borgnine) einen harten Gegner bekommt. Unvergessen auch der Edel-Western "Heaven's Gate" von 1980, in dem er an der Seite von Isabelle Huppert, John Hurt, Joseph Cotton, Christopher Walken, Brad Dourif, Sam Waterston und Jeff Bridges den Sheriff Averill darstellt, der sich gegen die Pläne eines Rancherkartells stellt. Im Jahr 2021 beendete Kris Kristofferson sein künstlerisches Schaffen. Während seiner immerhin 60-jährigen Karriere als Musiker verkaufte er in seiner Heimat über sieben Millionen Alben und wurde mit drei Grammys ausgezeichnet. Dazu hört Ihr bei uns seinen schönen Song "Josie" von 1972, der absolut nichts mit dem Maffay-Lied zu tun hat. Tja, einen Song hätten wir als Laufende Nummer 16 noch im Angebot. Kurz gesagt: Heißen wir eine der absolut schrägsten Bands aller Zeiten bei uns willkommen: die Sparks. Kern der Truppe: zwei Brüder mit extrem gegensätzlichem Outfit: Frontmann Russell Mael erinnert mit seinem Falsetto-Gesang stark an das US-Original Tiny Tim, den wir ja auch schon zu Gast hatten. Dazu gesellt sich Russel's älterer Bruder Ron Mael, der laut Rock-Lexikon "mit Schnauzbärtchen und Kurzhaar wie ein melancholischer Pop-Chaplin in Hitler-Maske" auftrat. Ihre "kunstvoll ausgearbeiteten Songs, harmonisch oft verschroben und melodisch zumeist verquer, wirkten unorganisch, konstruiert und verfehlten dennoch nicht ihre Wirkung". Die renommierte Musik-Journalistin Ingeborg Schober beschrieb die Musik der Sparks, "als würde The Sadistic Mika Band aus Japan Rolling Stones-Titel auf französisch vortragen". Wie dem auch sei, nach über 50 Jahren im Rock-Geschäft sind sie (mit kreativen Pausen) immer noch da. Davon kündet der hervorragende Kinofilm "The Sparks Brothers" (2021) von Regisseur Edgar Wright: ein Musik-Kaleidoskop, gewürzt mit schrägem Humor. Angefangen hat alles in Los Angeles, als sie dort ihre ersten zwei Alben produzierten, leider ohne den gewünschten Erfolg. Erst ein Umzug nach London zündete, und die folgenden zwei Langrillen "Kimono my House" und "Propagnada" (beide 1974) gingen plötzlich ab wie die Post. Auch ihre Singles wie "This Town ain't big enough for both of us" und "Amateur Hour" erreichten Kult-Status. Wir legen für Euch mit "Amateur Hour" den zweiten großen Hit der lustigen Truppe auf. Eines noch: Als John Lennon einst im Sommer 1974 den Auftritt der Sparks bei "Top of the Pops" im Fernsehen sah, rief er sofort seinen alten Freund Ringo Starr an, er solle schnell seinen Apparat anschmeißen, denn dort würde "Marc Bolan zusammen mit Adolf Hitler an den Keyboards auf der Bühne stehen". Ron Mael betonte jedoch stets, sein Vorbild sei eher Charlie Chaplin. Oder glich er nicht vielmehr dem berühmten serbisch-amerikanischen Erfinder-Genie Nikola Tesla?