nun sieh mal einer an: Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg kämpfen wieder deutsche Panzer auf russischem Boden. Wenn auch unter ukrainischer Flagge, aber schlimm genug. Dies lässt nichts Gutes erahnen. Bleibt zu hoffen, dass es trotz allem noch besonnene Menschen in hohen Positionen gibt.
Wechseln wir das Thema: Was gibt es Neues in der Jukebox? Für vier Titel vom letzten Mal heißt es "Arrivederci": Hot Chocolate - "Disco Queen", The Robert Cray Band - "Don't be afraid of the Dark", Amedeo Minghi - "L'Immenso" und leider auch Whitney Houston - "How will I know". Im Gegenzug verzeichnen wir dafür vier Neuzugänge: die Doors "warten auf die Sonne", Udo Jürgens düst "mit 66 Jahren" durch San Francisco, die sympathische Gigliola Cinquetti wandelt "auf der Straße der Sonne", während Altmeister Johnny Cash das letzte Gericht einläutet und dafür mit Platz 1 honoriert wird. Naja, mit tiefer Stimme und einer Gitarre in Liedform aus der Bibel zitieren - das schafft wirklich nur der "Mann in Schwarz". Als dann!
Wie sieht es auf den Rängen 11 und 12 aus? Dort landete Billy Ocean mit "L.O.D." und auf Position 12 notieren wir Whitney Houston - "How will I know", Amedeo Mingi - "L'Immenso" sowie Hot Chocolate - "Disco Queen".
Nun aber los - mit der Laufenden Nummer 11 schicken wir mal wieder eine Band aus dem britischen Liverpool in den Wettbewerb - nein, diesmal nicht die Beatles. Stattdessen legen wir von der englischen New-Wave-Gruppe mit dem interessanten Namen "A Flock of Seagulls" ihren Titel "I ran" von 1982 auf den Plattenteller. Die Truppe um den Ex-Friseuren Michael "Mike" Score, dessen Bruder Ali und Michael's Berufskollegen Frank Maudsley schrieb ähnlich wie die "Fab Four" ständig neue Songs und tourte durch die ansässigen Musik-Clubs. Schließlich brachten sie mit "(It's not me) Talking" im Mai 1981 ihre erste Kurzrille heraus. Jedoch bescherte ihnen erst der Wechsel des Labels den gewünschten Erfolg: Ihr Debüt-Album "A Flock of Seagulls" erblickte schließlich im Frühling 1982 das Licht der Welt. Daraus koppelten die Musik-Bosse den flotten Song "I ran (So far away)" als 45er aus. Und das dazugehörige Musik-Video gefiel den Machern von MTV sehr gut, besonders die eigenwillige Frisur vom Chef der Combo Mike Score. Während der Titel auf der britischen Insel an der Position 43 hängenblieb, sprang in den Staaten hingegen sogar ein neunter Rang heraus. Ähnliches galt für die Langrille. Auch wenn der Hype um diese Band nur verhältnismäßig kurz weilte, folgten mit "Space Age Love Song" und "Wishing (If I had a Photograph of you)" noch weitere Kassenfüller. Übrigens, der Bandname stammt aus dem Song "Toiler of the Sea" von den Stranglers und bedeutet "Ein Möwenschwarm". (Von den Stranglers werden wir heute auch noch etwas hören.) Dann aber viel Spaß mit "I ran"! Mit der Nummer 12 laden wir Euch zu den Klangkünsten des französischen Musikers und Komponisten Jean-Michel Jarre ein, Sohn des in Hollywood etablierten Schöpfers von Filmmusik Maurice Jarre. Schon mit fünf Jahren erlernte der Filius das Spiel auf dem Piano. In den Sechzigern gründete er zwei Bands; eine von ihnen trat mit elektrischer Gitarre und Stücken der Shadows auf. Zu Beginn der folgenden Dekade wechselte er ins Lager der elektronischen Musik und durfte seine Show "Aor" sogar in der Pariser Oper aufführen. Im Jahr 1976 gelang ihm mit dem Album "Oxygène" der große Durchbruch. Ein Jahr später übernahm das Label Polygram den weltweiten Vertrieb des Werkes, speziell für Deutschland gab sich Polydor die Ehre. Die Langrille besteht, wie allgemein bekannt sein dürfte, aus insgesamt sechs Variationen desselben Themas: Wer nämlich das interessante Plattencover zum Maßstab nimmt - eine aufgerissene Weltkugel mit einem Totenkopf -, der sieht womöglich die Evolution unseres Planeten als Interpretation der Platte, im gesamten Werdegang von der Entstehung des Lebens bis zur Zerstörung der Erde. Dazu ein Fan aus dem Internet: "Die Musik reflektiert dieses Szenario konsequent vom ersten bis zum letzten Track ohne eine einzige Textzeile." Später erzählte Jarre, es war sehr schwer, für dieses Opus eine Plattenfirma zu finden, da Musik ohne Worte und ohne Schlagzeug zu dieser Zeit (noch) nicht gefragt war. Aber wahrscheinlich hat ihm die Krautrock-Band Kraftwerk schließlich den Weg geebnet. Mit "Equinoxe" (1978) und den "Magnetic Fields" (1981) folgten noch weitere Erfolge dieser Musikrichtung. Genießt also mit uns seinen wohl größten Erfolg "Oxygene IV".
Nun zu einem Kosmopoliten, also einem Weltbürger, wie er im Buche steht: der Sänger, Komponist und Lyriker Georges Moustaki. Geboren im ägyptischen Alexandria als Spross einer jüdisch-griechischen Familie und der Muttersprache Italienisch, erlernte er vor Ort Arabisch, Französisch und Englisch. Da seine Eltern sich zur französischen Kultur zugehörig fühlten, besuchte der junge Georges eine französische Schule. Dort machte der junge Mann erstmals Bekanntschaft mit dem Chanson. Dies blieb nicht ohne Folgen: Kaum war die Schulzeit passé, reiste er nach Paris, wo er den großen Chansonnier Georges Brassens traf. Dieser riet ihm, selbst als Interpret die Bühne zu besteigen. Und alsdann begann der junge Ägypter eigene Chansons zu schreiben, sogar für einige Kollegen wie Yves Montand, Juliette Gréco, Henri Salvador, Dalida und natürlich Édith Piaf. Für den "Spatz von Paris" textete er das Lied "Milord" - wohl ihr größtes Chanson. Gegen Ende der Sechziger trat Moustaki endlich auch als Interpret auf, um seine Lieder zu interpretieren. Bekannt wurde er auch hierzulande mit dem Werk "Le Métèque", welches er als "Ich bin ein Fremder" auch ins Deutsche übertrug. Wir bleiben in diesem Fahrwasser und bieten Euch mit "Kaum bemerkt und unerkannt" die geniale deutsche Fassung seines Songs "Humblement il est venu". Zwar erreichte die kleine Platte von 1976 keine Spitzenpositionen in den Charts, jedoch wussten seine Fans diese Geste wohl zu schätzen. Vor allem, weil er respektvoll über Jesus Christus singt. Tja, heute erwähnten wir die Stranglers - eine der größten New-Wave-Bands Englands, die aber einst als Punk-Gruppe begannen. Ende der Siebziger bewegten sie sich musikalisch eher im Fahrwasser der Sex Pistols und traten damals auch als Vorgruppe zur frühen Punk-Formation "Ramones" auf. Als jedoch die Mannen um Frontmann Hugh Cornwell Ärger mit der Presse bekamen, verschwanden sie erstmal in der Versenkung, bevor sie Anfang der Achtziger im neuen Stil wieder auferstanden. Ihr Repertoire bewegt sich von poppigen Songs wie "Something better change" (1977) und "Duchess" (1979) bis zu vielschichtigen Werken wie "Nice 'n' Sleazy" (1978), "Golden Brown" (1981) und "Always the Sun" (1986). Besonders die jazz-artige Ballade "Golden Brown" bestach durch ihre vielen Taktwechsel und reifte zu ihrem erfolgreichsten Song: die begeisterten Rockfans belohnten das Werk mit einem Rang 2 auf der britischen Insel. Ein Blick in unsere Annalen zeigt, dass sich das Lied bereits zweimal bei uns platzieren konnte. Bis auf wenige Ausnahmen offenbarten ihre Tracks stets eine gewisse Traurigkeit; und niemals schwammen sie im Mainstream. Wir bieten Euch den ansprechenden Song "Duchess" (also: "Herzogin") aus dem Jahr 1979 samt Video, welches in einer Kathedrale gedreht wurde. Worum geht es dabei? Im Lied dreht sich alles um ein Mädchen, das vorgibt, eine reiche Erbin zu sein und schwere Zeiten hinter sich hat. Die BBC verbannte dieses Video, welches die Musiker als Chorknaben zeigte, weil es im Ansatz blasphemisch rüberkam. Aber überzeugt Euch selbst.
So, unsere letzten zwei Titel haben einiges gemeinsam: Sie stammen aus den Sechzigern und aus den USA. Ferner geht es in beiden Fällen ums Heiraten. Den Auftakt macht Altmeister Chuck Berry mit seiner Komposition "You never can tell", auch als "C'est la Vie" und "Teenage Wedding" geläufig. Was soll noch zu ihm gesagt werden? Vielleicht, dass er in der Historie der Rockmusik der Erste war, der die Gitarre nicht nur zur Begleitung nutzte, sondern als eigenständiges Musikinstrument. Chuck Berry gilt als Vater unzähliger Rock'n'Roll Klassiker wie "Maybellene" (1955), "Roll over Beethoven" (1956), "Rock and Roll Music" (1957), "Sweet Little Sixteen" und "Johnny B. Goode" (beide 1958), sowie "Bye Bye Johnny" und "Memphis Tennessee" (beide 1960) - um nur einige zu nennen. Jedoch hatte der geniale Musiker stets ein großes Problem: Selten bekam er als Komponist so vieler wegweisender Tracks das ganz große Stück vom Kuchen - anders als seine weißen Kollegen. Gewiss, einige Musikwissenschaftler widersprechen bis auf den heutigen Tag der Tatsache, dass ein "schwarzer" Musiker in den damaligen Zeiten als Identifikationsfigur für die breite Masse der Rock-Fans kaum taugte. Allerdings erscheint dieser Umstand sicherlich als Grund dafür, dass clevere Musik-Bosse stattdessen Elvis Presley zur Ikone aufbauten. Berry hingegen sah sich mit der Situation konfrontiert, nach Auftritten teilweise schlecht oder gar nicht honoriert zu werden. Aus Schaden klug, ließ er sich in späteren Jahren daher bei Konzerten vorher und in bar entlohnen. Nebenbei gesagt brauchte er sehr lange, bis er mal die Charts der britischen Insel anführte: dies gelang ihm erst im Juni 1972 ausgerechnet mit dem Schlager "My Ding-a-ling". Na ja! Bei uns gibt es auf Wunsch mit "You never can tell" (1964) einen nicht ganz so bekannten Titel aus Berry's Gesamtwerk. Zwölf Jahre später interpretierte ihn die US-amerikanische Sängerin Marsha Hunt als "C'est la Vie". Schließlich ehrte ihn Deutschland anno 2008 mit der Goldenen Kamera für sein Lebenswerk. Bleibt noch der Heirats-Song Nummer Zwo: Von einem der ersten Girl-Groups, den Dixie Cups, stammt das recht bekannte Oldie "Chapel of Love" anno 1964. Der beliebte Song, teils aus der Feder des umstrittenen Phil Spector, näherte sich auf eher unkonventionelle Weise dem Thema der Eheschließung. Zunächst tingelten die drei Grazien durch die Lande und entschieden sich erst hernach für eine professionelle Sänger-Karriere. Nachdem sie den Rhythm and Blues- Interpreten Joe Jones für sich gewinnen konnten, stellte dieser den Kontakt zum legendären Songwriter-Duo Leiber/Stoller her, die ihnen den Bandnamen "The Dixie Cups" verpassten. Als erste Kurzrille kam "Chapel of Love" auf den Markt. Viele Jahre später erhielt der flotte Song Einzug in die Filmmusik des Anti-Kriegs-Dramas "Full Metal Jacket" des Stanley Kubrick. Eigentlich sollte im Jahr 1963 eine frühe Fassung des Songs der Sängerin Darlene Love an den Start gehen, doch presste das Label diese Version nie auf Vinyl. Bis heute kursieren etliche Variationen in der Popwelt - von Bette Midler bis zu den Beach Boys. Sogar Elton John gab sich 1994 die Ehre. Dabei erwies sich der Track des Original-Trios als äußerst erfolgreich: In ihrer Heimat sprang glatt eine Nummer Eins heraus, während es im Vereinigten Königreich bei Platz 22 blieb.